Drei fahren in den Sommer by Lise Gast

Drei fahren in den Sommer by Lise Gast

Autor:Lise Gast [Gast, Lise]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2016-04-21T00:00:00+00:00


8

Länger als drei Tage konnten wir wirklich nicht bleiben. Ich hatte schon am zweiten gedrängt und gemeint, wir müßten jetzt fort. Aber nur zu gern gab ich nach, als alle mich baten, noch einen Tag zuzugeben. Am nächsten aber mußte ich gegen meine eigenen Wünsche durchsetzen, daß wir fuhren. Es war nicht leicht.

Roland war wieder hergestellt, Uli verhielt sich merkwürdig still. Wir radelten ein Stück; es war wie zuvor und doch ganz anders. Die fröhliche Gemeinschaft dieser Familie klang noch in uns nach, aber als etwas Vergangenes. Wir merkten es schmerzhaft deutlich, als wir Rast machten. Jeder reagierte gereizt auf den andern, ich selbst nicht ausgenommen.

„Wenn ihr nicht pariert, fahre ich geradewegs zu Onkel Ronny, der kann ja dann das Kommando übernehmen“, drohte ich, und Uli sagte frech:

„Wozu sind wir denn dann losgefahren, bitte? Ich dachte bis jetzt, wir wollten einmal frei sein.“

„Frei! Es bekommt euch ja nicht!“

„Ach, du willst immer kommandieren, das ist alles. Guck dir doch mal Swaantje an, die kommandiert nie“, brummte Uli.

„Hach, du bist wohl in sie verschossen?“ höhnte Roland. Im nächsten Augenblick hatte er Ulis Faust auf der Nase, und die beiden rollten übereinander, daß mir angst wurde.

„Aufhören! Loslassen! Ruhe!“ schrie ich und versuchte, die beiden Kampfhähne zu trennen. Es war harte Arbeit. Als es mir endlich gelungen war, sie auseinanderzuzerren, blutete Rolands Nase, und in Ulis Brille hing ein zerbrochenes Glas. Im Eifer des Gefechts hatte er vergessen, sie rechtzeitig abzunehmen.

„Das hast du davon“, sagte ich atemlos. Aber er brummte nur, er habe ja eine Ersatzbrille dabei, und es gehe mich überhaupt nichts an. Worauf ich schweigend meine Sachen packte, sie auf den Gepäckträger schnallte und davonfuhr.

Etwas kleinlaut folgten mir die beiden. Mindestens eine Stunde lang sprachen wir nicht. Es war scheußlich. Am Abend taten wir dann alle, als wäre nichts gewesen, und bauten gemeinsam das Zelt auf. Die Jungen waren bemerkenswert eifrig. Ich setzte mich vor das Zelt und vertiefte mich in die Karte, die beiden sprachen mich nicht an. Bedrückt krochen wir schließlich in die Schlafsäcke.

Am andern Morgen schlug ich nicht die Richtung ein, die nach Emden führt. Die Jungen folgten, ohne zu meutern. Sie fragten nicht.

Mittags rasteten wir an der Straße. Ich hatte keine Lust zu essen, überließ die Vorräte den Jungen und legte mich im Schatten eines großen, schiefstehenden Baumes auf den Rücken. Dort lag ich und sah in den Himmel, vor dem die Zweige zitterten.

Etwas fehlte mir. Ich wußte das schon seit langem, aber ich hatte es bisher noch nicht richtig benennen können.

Es waren wahrhaftig nicht die Ponys, um die ich diese Doktorskinder so glühend beneidete, jedenfalls nicht nur. Natürlich mußte es herrlich sein, zusammen zu reiten und zu voltigieren und für die Pferde zu arbeiten. Das aber ist es nicht. Es ist das Miteinander.

Sie sind eine richtige Familie. Und wir? Warum gelingt es uns nicht, auch eine zu sein? Weil wir keine Tiere halten dürfen? Daran allein kann es nicht liegen. Weil bei uns jeder andere Interessen hat? Auch nicht. Weil Vater keine Zeit und Mutter nicht den



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